Neues Prüfverfahren für mehr Vergleichbarkeit

WLTP – Mittel gegen dicke Luft

Nirgendwo auf der Welt gelten so strenge Ziele für den Ausstoß von CO2 wie in der EU. Im Jahr 2015 durften die Normemissionen aller PKW-Neuzulassungen im Schnitt nicht über 130 Gramm CO2 pro Kilometer liegen. Das entspricht etwa einem Verbrauch von 4,9 Litern Diesel oder 5,6 Litern Benzin pro hundert Kilometer. Für 2021 wird der Zielwert in der EU auf 95 Gramm CO2 pro Kilometer verschärft – umgerechnet ein Durchschnittsverbrauch von 3,6 Litern Diesel oder 4,1 Litern Benzin pro hundert Kilometer Das im September 2017 eingeführte Prüfverfahren WLTP soll dabei helfen, dieses Ziel für PKW und leichten Nutzfahrzeugen zu erreichen.

Was ist WLTP?

WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicle Test Procedure) ist ein neues Prüfverfahren, um den Treibstoffverbrauch, den CO2 - und Schadstoffausstoß bei PKW und leichten Nutzfahrzeugen zu messen. Die Basis für den CO2-Grenzwert in der EU war bislang der „Neue Europäische Fahrzyklus“ (NEFZ). Dieses 1992 eingeführte Prüfverfahren ermöglichte nicht nur eine europaweite Vergleichbarkeit, sondern war beispielsweise in Deutschland auch Maßstab für die Höhe der Kfz-Steuer. WLTP berücksichtigt im Vergleich zu NEFZ die Anwendung wesentlich höherer Geschwindigkeiten und Beschleunigungen beim Prüfablauf. Der persönliche Fahrstil und unterschiedliche Umgebungsbedingungen werden aber auch hier wenig berücksichtigt. Denn die WLTP-Tests werden nicht praxisnah auf der Straße, sondern wie bisher auch im „Labor“ auf Prüfständen durchgeführt. Allerdings wird zum Beispiel im WLTP der CO2-Wert fahrzeugspezifisch ermittelt, d. h. die individuelle Ausstattung des Fahrzeuges, wird berücksichtigt.

Für wen gilt WLTP?

WLTP ist von den Automobilherstellern für PKW-Fahrzeuge und PKW-ähnliche leichte Nutzfahrzeuge (N1 der Gruppe I) bereits seit September 2017 zur Bestimmung der Schadstoff-, CO2- und Kraftstoffverbrauchsangaben, sowie der elektrischen Reichweiten von elektrifizierten Fahrzeugen, anzuwenden. WLTP ist dabei verpflichtend im Rahmen des Genehmigungsprozesses für neue Fahrzeugtypen vorgeschrieben. Ab September 2018 gilt der WLTP schließlich auch für Neuzulassungen von Pkw-Fahrzeugen und ab September 2019 für Pkw-ähnliche neue leichte Nutzfahrzeuge.

Was geschieht bei nachträglichen Aufbauten und Ergänzungen?

Über 40 Prozent der produzierten Nutzfahrzeuge der „Transporterklasse“ werden von der Fahrzeugindustrie als Fahrgestelle ohne Aufbau verkauft und erfahren erst bei den überwiegend mittelständisch geprägten Aufbauhersteller-Betrieben ihre kundenspezifische Aufbauart. Zusätzlich wird ein Großteil der betroffenen Fahrzeuge mit Nachrüstungen und Ergänzungen wie Inneneinrichtungen, Signalanlagen etc. ergänzt.

Aufbauhersteller müssen daher ihr Aufbauprojekt zwecks Angebotserstellung auf WLTP-Konformität überprüfen können. Dazu benötigt man beispielsweise entsprechende webbasierte Kalkulationsplattformen, auf denen durch Eingabe von Gewicht, Abmessungen und Rollwiderstand die WLTP-Werte errechnet werden. Dies erfolgt in Kombination mit den jeweiligen Motordaten und weiteren Fahrzeugdaten des Herstellers. Erst wenn alle diese Daten im Rahmen der WLTP-Vorgaben liegen, kann eine Zulassung erfolgen.

WLTP – Mittel gegen dicke Luft. Neues Prüfverfahren für mehr Vergleichbarkeit

Was ist mit den dicken „Brummis“?

WLTP gilt nicht für schwere LKW und Busse. D.h. nicht, dass es für diese Fahrzeugtypen keine strengen Grenzwerte in der EU gibt. Für schwere Lkw und Busse gelten z.B. Abgasgrenzwerte pro Kilowattstunde nach der sogenannten Euro-VI-Norm. Sie begrenzt die Höchstmenge verschiedener Schadstoffe wie Kohlenmonoxid, Stickoxide und Ammoniak. Für CO2 gibt es derzeit noch keine Obergrenze.

Auch bei den dicken „Brummis“ gibt es unterschiedliche Tests. Bei schweren Lkw und Bussen unterlaufen meist nur die Motoren den Abgastest, weil sich die ganzen Fahrzeuge nur schwer auf Rollenprüfständen bewegen lassen. Dabei handelt es sich um eine spezielle Vorrichtung am Boden, die den Straßenwiderstand über Rollen simulieren und allein die Räder der Fahrzeuge bewegen oder stoppen.

WLTP sinnvoll für LKW und Busse?

Eine gesetzliche Regulierung nach dem Vorbild der CO2-Regulierung für PKW und leichte Nutzfahrzeuge (WLTP) halten Fachleute für schwere Nutzfahrzeuge übrigens nicht für sinnvoll. So laufe beispielsweise kaum ein Nutzfahrzeug bereits vollkommen fertig vom Band eines Herstellers. Stattdessen komplettieren Anhänger- und Aufbautenhersteller die Fahrzeuge, ohne dass die Fahrzeughersteller davon im Einzelfall Kenntnis haben. Zugleich haben Aufbauten und Anhänger erheblichen Einfluss auf Gewicht, Aerodynamik und weitere Faktoren, die den Kraftstoffverbrauch erheblich beeinflussen. Schließlich existiert im Gegensatz zu Pkw und leichte Nutzfahrzeuge derzeit kein allgemein verbindlicher Testzyklus für schwere Nutzfahrzeuge.

Die EU-Kommission hat bereits vor mehreren Jahren entschieden, zunächst Transparenz über die Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge herzustellen. Mithilfe des Simulationsprogramms VECTO (Vehicle Energy Consumption Calculation Tool) können Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen von Nutzfahrzeugen realitätsnah bestimmt und zertifiziert werden. Dabei ermöglicht VECTO die Betrachtung sowohl einzelner Fahrzeuge als auch von Fahrzeugkombinationen mit Anhängern und Aufbauten. Außerdem lässt sich der Einfluss verschiedener Komponenten auf den Kraftstoffverbrauch analysieren.

Welche Länder werden WLTP umsetzen?

Das WLTP-Verfahren wird zunächst von allen UNECE-Mitgliedern (EU-28, Norwegen, Island, Schweiz/Liechtenstein, Türkei und Israel) umgesetzt. Andere Länder, die die WLTP-Vereinbarung unterzeichnet haben, wie China, Japan, Südkorea, Russland, Indien und die USA, befinden sich derzeit in einer Beobachterposition und haben noch keine Zeitpläne.

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